Logbuch der CROCO, geschrieben von Dr. Ernst Gut

Teil 3,


Log 25.Mai.:

Tronsö-Marstal
Time is money, Ich habe (wie die meisten) Lebenszeit geopfert, um Geld zu ersparen. Tage, an denen die Bodenseelandschaft wie das Paradies selbst erschien, von denen ich aber höchstens während des kurzen Mittagspaziergangs beim Schmieder etwas mitbekam. Tage, an denen ich viel lieber im Bett geblieben wäre, anstatt mich in stockschwarzer Nacht aus dem Bett zu quälen und in Schneeregen und Kälte einem weiteren Tag voll Routine und oft genug Ärger entgegenzuradeln.

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Money is time. Geld habe ich jetzt erspart. Ich könnte mir jetzt, sagen wir, eine halbe Eigentumswohnung kaufen, getreu dem Prinzip, das zu erwerben, was eben gerade im Bereich des finanziell machbaren liegt. Ich kann aber auch, und dafür habe ich mich entschieden, Geld in Zeit zurückverwandeln. In einen großartigen, blauen, sonnenbeschienenen, von Wind bewegten Ozean an Zeit. Das Leben ist jetzt und langsam ahne ich, daß ein "kontrollierter Abstieg" und damit ein dauerhafter Umtausch von nicht verdientem Geld in Zeit zum Leben auch mir möglich sein wird (so spricht der stolze Eigner der neu erworbenen Yacht; Wasser predigen und Wein saufen; kennt man ja).

Über die verschiedenen Yachthäfen:
Tronsö ist klein, idyllisch, und genau das ist sein Problem. Es ist voll. Zwar auch nicht voller mit Schiffen als die wegen ihrer "Sterilität" von vielen gemiedenen Marinas oder die dicht gepackten Clubhäfen. Voll sind hier die Boote: Mit betagteren Männercrews, gereiften Pärchen, jüngeren Familien, Charterercliquen. Schon um halb neun, die Kühle der Nacht ist noch in der Luft und kein Lüftchen regt sich, ist emsiges Ablegen im Gange. Die Schiffe werden im letzten Moment entkabelt, vorher werden 200 Liter Wasser gebunkert, immerhin geht es ja nach Marstal oder Faborg, beide Häfen mehrere Stunden Seereise entfernt. Wenn der Wassertank nichts mehr fassen will, wird, der Schlauch läuft ja schon mal, noch auf dem Vordeck herumgespritzt, bißchen saubermachen. Kommt auf dem Steg einer vorbei, wird er autoritativ gebeten, er möge doch DASWASSERABDREHEN, eine gute, sparsame Sache, also muß der also angesprochene kooperieren. Und das schlimmste: Ich werde, faulheitsbedingt 2 Stunden später, genau das gleiche tun. Ich werde (Kleinboot) höchstens 40 Liter Wasser tanken und, eher gründlicher als nicht, das Vordeck und, da isses besonders nötig, das Cockpit mit gutem Süßwasser ausspülen (Neuboot). Nur daß bei mir keiner mehr am Steg vorbeikommen wird, den ich auffordern könnte, doch bitte DASWASSERABZUDREHEN!

Rucksacktouristen, denen es zu voll wird, ziehen weiter in noch einsamere Buchten, um ihresgleichen und damit ihre eigene Gewöhnlichkeit nicht mehr mit ansehen zu müssen. Ich werde, damit mir meine größeren, älteren, hanseatischeren Spiegelbilder weniger nahe sind, in die dicht gepackten Einheimischenhäfen ausweichen. Da gehen die Segler abends nämlich zum Schlafen nach Hause und dann hat Skipper das Meer und den Himmel und die See für sich, Landstrom inklusive. (Jetzt klinge ich wie der Reiseschriftsteller Paul Theroux, von dem es heißt: "Er reist, ungern, allein und hat meistens schlechte Laune").

Anleger:
Wieder beim Anleger auf den Steg gerummst. Diesmal gottseidank in Höhe des Bugbeschlags aus Niro-Edelstahl. Steg nur unwesentlich beschädigt. Gestern (habe ich verschwiegen) leider eine Handbreit tiefer, auch gegen Stahl, aber rostig. Will den braunen Belag gar nicht wegwischen, aus Angst, daß ich das nackte Krokodilfleisch darunter finde. Im Seglerhandbuch heißts beim Thema "Anlegen" immer: Manöver sorgfältig absprechen, jedem Mannschaftsmitglied Aufgabe zuteilen, vom Vorschiffsmann durch Handzeichen die verbleibende Distanz zum Steg signalisieren lassen.
Nur, welche Vorschiffsmannschaft? Ich hab noch nicht mal jemand, den ich anbrüllen könnte.
Und Handzeichen kriege ich höchstens vom Steg: Hände über dem Kopf zusammengeschlagen oder beide Augen bedeckend.

Heute morgen habe ich noch übers Wasserbunkern gespottet und es dann selbst getan. Gut so. Denn in Marstal fand ich im überfüllten Riesenhafen nach langem Suchen einen Platz ganz am Ende der mit Stegen erreichbaren Welt, ohne Strom (macht nichts) und ohne Wasser (s.o.). Dafür liegt hier nur auf jedem zweiten Platz ein Boot und vom Heck schweift ungehindert der Blick über die flache Bucht, die von einem fast ebenso flachen Sandstreifen zur offenen Ostsee begrenzt wird und auf dem putzige kleine bunte Badehäuschen vor dem Horizont stehen.

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Bordpsychologie:
Eben legt nebenan kleine Yacht an. Zwei Männer Ende vierzig, betont moderat geäußerte, dennoch unüberhörbar genervt geäußerte Kommandos und Fragen. "Was hast Du gesagt? Ach nichts. Sag schon, ich kann Dich nicht verstehen, wenn Du so leise sprichst".
Dafür klappt der Anleger. Einen Tod muß man sterben. Ich glaube, meiner ist süßer.

Alles relativ:
Heute morgen bei schönstem Sonnenschein und 3er Wind von Yacht überholt worden, die nur das Groß lässig gesetzt hat. Luffe 47 steht auf dem Rumpf. Viel mehr Speed, viel mehr Höhe. Ich bin traurig. Bis ich sehe, daß unter dem Heck die Maschine quirlt.
Alles wieder gut. Die Welt ist so, wie wir sie interpretieren. Oder bewerten.

Ankerkasten:
Mußte heute aus Gründen der Lagerhaltung von "Flensburger" auf Tuborg "Grön Öl" umsteigen. Habe das stärkste Präparat ausgesucht und nach Vorlage meines Jagdscheins auch bekommen. Direkter Vergleich mit Flens schwierig, da Ankerkasten heute unerwartet warm. Wie soll das erst im Sommer werden?

Ende Teil 1, die Fortsetzung, Teil 4




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