Logbuch der CROCO, geschrieben von Dr. Ernst Gut
Teil 6,
Log 6.6.
Totenflaute, Dunst. Is nix mit rüber nach Langeland. Im Hafen: Knoten üben, Tee trinken und, als der Dunst sich lichtet, Sonnenbaden. Wetter sagt leider für die nächsten Tage stärkeren Wind vorher. Mal sehen, ob er aus der richtigen Richtung kommt (West).
Nachmittags dann Insel (300m Auslauf) erkundet. Auf einmal leichte Brise schleieinwärts, Blister gesetzt und ab nach Kappeln. Blister diesmal ohne Groß und richtig geschotet, nämlich nicht durch Genuablöcke, sondern direkt durch achterliche Blisterblöcke, Ergebnis wunderbar: Einsatz von platt vor bis halb. Speed um 4 Knoten (Bordlog) bei Wind 2. Stahlyacht mit Topgenua sowas von alt aussehen lassen...
Bei unserer Abreise aus dem Hafen Schleimünde erwacht der Wirt der Giftküche. Typ cholerischer Individualist, Bauch, Mitte Fuffzig. "Wenn ihr das nächste mal herkommt, nehmt gefälligst nur eine Heckleine, hat sonst kein zweiter Platz in der Box!" brüllt er uns nach. Und das in einem praktisch leeren Hafen... Ich nicke brav und gelobe lautstark Besserung.
In Kappeln Shopping: Wasserkocher, Netzkabel fürs Radio, Kopfkissen, 2 Teller. Anschließend versuche ich mich vor dem Abendessen mit Jogging: Es geht fast wie früher, trotz Bierdiät in Flensburg.
Wunderschön friedliche Binnenabendstimmung:
Schilfbewuchs am Ufer, gegenüber alter Liniendampfer namens "Nordlicht", aus der Kajüte des Croco duftet das Abendessen, ich attackiere zum Apéro den Biervorrat im Ankerkasten. Ein cognacgoldgelblackiertes Ruderboot mit leise schnurrendem Außenborder tuckert vorbei. Weißer Stoffbaldachin, weiß der Hut des Captain, grauer Schnurrbart, Blumenbouquet mittschiffs, mäßig laut Frank Sinatra: Inszenierte Lebenkunst.
6.6., gegen Mitternacht
Frauüberbord!
Ilona ist über Bord gegangen! Um Mitternacht, man sieht die Hand nicht vor Augen. Ich sitz beim letzten Glas Rouge am Kajüttisch und mache Notizen. Sie sagt, sie wolle noch "außenbords gehen" (mangels Bordtoilette).
Auf einmal ein Riesenplatsch und Gepruste. Dann halblautes Rufen meines Namens. Ilona, immer noch relativ neu an Bord hat sich, schön in der Hocke, an der Badeleiter festgehalten, nicht wissend, daß diese sogenannte Badeleiter nur auf Abruf und für Rettungsfälle in einer vergleichsweise losen Plastikhalterung steckt. Na immerhin hatte das Opfer das Rettungsgerät schon in der Hand. Jetzt hängt das Schiff voller Wäsche.
Wie sagt bzw. singt man doch frei nach Fred Bertelmann: "Es hängt ein Büstenhalter an dem Want..." (Originaltext für die nach 1963 Geborenen: "Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand...")
Ende Teil 6, die Fortsetzung, Teil 7