Logbuch der CROCO, geschrieben von Dr. Ernst Gut

Teil 13,


13. Kapitel, in dem Dr. Waldmann an Bord kommt, dem Klabautermann begegnet und trotz der Zuhilfenahme eines schnellen Cruiser-Racers fast sein Flugzeug versäumt.

Log 7.7.

Erst mal ausgeschlafen. Wir sind erst um drei Uhr morgens ins Bett gekommen und wissen jetzt: Es wird tatsächlich nicht ganz dunkel während der ganzen Nacht.
Frühstück, Einkauf, Bordkasse organisieren. Dann geht es los. Wie seit Tagen hat der Ostwind hitzebedingt nachmittags zugelegt und bei der Kreuz aus der Bucht von Västervijk lernt Waldi das Krokodil schon als echtes Wildtier kennen. Den Rest des Tages erleben wir die Schären in all ihrer Herrlichkeit. Jede Bucht würde ich gerne befahren, jeden abgehenden, unscheinbaren Fjord beforschen. Wie am überreich gedeckten kalten Büffet komme ich mir vor: Ich würde am liebsten alles in mich hineinschlingen, weiß aber, dass meine Möglichkeiten mir nur den Genuss eines Bruchteils des Angebots erlauben werden. 3 Seemeilen vor dem Tagesziel dann leider Flaute. Ich halte Waldi eine Stunde mit Durchhalteparolen bei Laune, stimme dann resignierend dem Segelbergen und Motoren zu. Keine 10 Minuten später: Wind, zwar wenig, aber es wird reichen. Blister, sonst nichts. Still gleiten wir mit etwa 3 Knoten übers spiegelglatte Wasser, an den Elefantenbuckeln im Abendlicht vorbei. Dann kommt der Wind vorlicher. Also, Blister runter, normale, schon "versorgte" Segel raus und weiter. Dass unser Etappenziel Flattvarp hinter dem nächsten Felsbuckel warten würde, war uns nicht klar gewesen, als wir noch mal die große Fahrtgarderobe hochzogen. Egal, jetzt reicht es wenigstens für einen schönen Anleger unter Segeln. Das machen hier auch nicht viele.
Spätes Dinner: Blattsalate mit Avocado, Krabbencurry mit Gemüse und Reis, dazu Oberberger Bassgeige Rosé aus dem Flensburger Spar-Markt.

Log 8.7.

Der Hochgeschwindigkeitstag:
Wie immer schlafen wir länger, als es sich für Fahrtensegler gehören würde. Aber es ist ja Sonntag. Gute Ausrede. Wir kommen erst um halb eins weg und schaffen trotzdem 36 Seemeilen von Flatvarp bis Arkösund. Heiße Sommersonne, Nordost um 5 Beaufort, das Log zeigt als Tagesdurchschnitt 5 Knoten an, als Spitze 8 (sogar auf dem "schlechten" Backbord-Bug), über weite Strecken fahren wir mit 7 Knoten am Wind. Eigentlich ist es eine Sünde, so durchzuheizen durch eine der schönsten Segellandschaften der Welt. Tausend abzweigende Fjorde, die es eigentlich zu erforschen gälte, Tausend Bade- und Ankerbuchten, die man sich zu Hause im Winteralltag erträumt hat, bleiben links und rechts liegen und wir heizen vorbei, gejagt vom Wind und vom Krokodil. Ziemlich spät am Abend kommen wir in Arkösund an. Die Gegend ist eher dicht besiedelt und es wimmelt von PS-Gemästeten Motorbooten. All dies trägt zu dem anhaltenden Gefühl bei, viel zu schnell durchs Idyll geheizt zu sein. Wir hatten allerdings auch einen triftigen Grund, nicht unterwegs zu ankern oder am Ufer festzumachen: Wir (ich) hatten vergessen Trinkwasser nachzufüllen und mit Oberberger Bassgeige allein lässt sich kein Schiff betreiben.

Log 9.7.

Heute nur ein kurzer Schlag, auf meinen Wunsch hin. Ich wollte mal wieder "zeitig" in einem Hafen sein, ein bisschen schwimmen, lesen und auch das seglerisch nicht unbedingt notwendige tun. Also fahren wir nur 11 SM weiter im inneren Schärenfahrwasser bis zum kleinen Hafen Nävekarn, am Nordufer des nach Nyköping führenden Fjords. Kleiner Clubhafen, ebenfalls kleiner Campingplatz, Kiosk, sympathisch. In der Hafeneinfahrt machen wir leider mit einer unmarkierten Untiefe Bekanntschaft. Glücklicherweise haben wir kaum Fahrt und das Aufsetzen erfolgt nur kurz und ohne Abbremsen. Trotzdem: Der Eigner ist besorgt und hält einen Tauchgang für nötig. Wie schon beim letzten Mal findet sich keine fühlbare Unregelmäßigkeit an Kiel oder Ruder.
Bei der ersten Tasse Tee im Cockpit kommen leichte Divergenzen zur Sprache, die wir beide schon den ganzen Tag spüren: Wir haben etwas unterschiedliche Auffassungen vom Tourensegeln. Ich als besorgter Neueigner bin abends gerne in einem sicheren Hafen oder zumindest an einem ausgewiesenen Ankerplatz. Waldi will lieber ankern und -oh Horror- unmarkierte Fahrwasser nach Kartenangaben beforschen. Das soll er gerne machen, aber mit seinem eigenen Schiff!
Log 10.7.

Nach der Aussprache ging es dann besser. H.J. blieb zwar etwas "trocken", aber wir vertrugen uns wieder. Wie üblich kamen wir spät weg. Das Wetter hatte sich geändert: Morgens hatte es geregnet, es blieb bewölkt, kaum Wind, dafür warm. Langsam ging es weiter entlang des Nordufers des nach Norrköping führenden Fjords. Die Schäreninseln und das Ufer waren höher geworden und die Landschaft wirkte mit der dichten Bewaldung und dem heutigen Wetter noch "nordischer".
Ich habe seit letzter Nacht wieder das "Reißen" zwischen den Schulterblättern und lasse von H.J. als ärztliche Hilfeleistung Oma D. ´s Schmerztonikum auftragen und überlasse ihm die Schiffsführung, was ihn sichtlich freut. Ich ziehe mich in mein Refugium im Vorschiff zurück, ruhe und studiere die "Yacht". Am Spätnachmittag kommt wieder etwas Wind auf und von hinten (Westen) baut sich eine unangenehm dunkle Wand auf. Als der Wind weiter zunimmt (wir fahren inzwischen wieder über 6 Knoten vor dem Wind) "befehle" ich zu reffen, als Vorsichtsmaßnahme, denn wenn's kommt, kommt's meistens schnell, das habe ich ja inzwischen gelernt. Dummerweise wird die Navigation im Fahrwasser grad wieder etwas kompliziert mit mindestens 3 möglichen Fahrtrouten, alle sind schmal und mit Unterwasserfelsen gespickt. Wir kommen schließlich gut rein nach Öxelösund, zwar nass, aber ohne den befürchteten Gewitterstauber (dieses Wort habe ich von meinem Stegnachbarn "Karle" Lanz). Im Eingang zum Hafen befällt uns zunächst ein Schrecken: An allen Ufern petrochemische Industrie, Tanker, Kohlenhalden im künstlichen Licht.
Weiter drin im Hafenspitz liegt aber dann ein ganz netter Gasthafen, die Tanker bleiben gnädig außer Sicht. Landstrom, juchhee, aber, leider alles besetzt.
Die Tagesstrecke beträgt wieder "nur" 11 Seemeilen. Ich stelle aber fest, dass mir das langsamere Vorankommen besser behagt und bekommt, als die "Heizerei" der Tage davor.

Log 11.7.

Obwohl Mittwoch ist, ist heute "Seglersonntag", d.h. wir sind im Hafen geblieben. Draußen weht ein stürmischer Wind aus Süden und hohe, schaumgekrönte Wellen kommen in die nach Süden offene Bucht. Außerdem habe ich noch nicht wieder meine alte Form erreicht. Ein Ruhetag passt mir gut und auch Waldi scheint mit seinem Schicksal einverstanden. Wir haben uns inzwischen arrangiert. Heute Morgen habe ich mich, vor die Entscheidung gestellt, zu meckern über nach Kapitänsmeinung zu geringes Engagement beim Frühstückmachen oder einfach selber nix zu tun und zu warten, fürs Warten entschieden. Es hat dann auch bis 11 gedauert, bis mein Kompagnon anfing, selber die ersten Teile fürs Frühstück rauszusuchen. War von der Wirksamkeit genauso gut wie diskutieren. Gestern hat es erst aus der Vorratsbackskiste, dann aus dem Ölzeugbehälter und aus meinem Schrank angefangen zu stinken. Irgendwas zwischen Fisch und Fleisch, roch jedenfalls nicht gut. Die Exploration der tiefsten Bilgenhohlräume brachte dann einige Handvoll einer gelblichen Flüssigkeit zutage. Die Geschmacksprobe habe ich mir diesmal gespart.
Waldi hat 2 revolutionäre Verbesserungen auf dem Schiff eingeführt. Erstens die verblüffend einfache und wirksame Fixierung der Pinne mit einem der dicken Bändsel. Das Schiff lässt sich so gut auf Kurs einstellen und halten, was in jedem Falle die Solobedienung erleichtern wird. Zweitens hat er den Großbaum im Hafen mit dem Großfall auf Stehhöhe hochgezogen, sodass jetzt auch der Aufenthalt unter der Regenpersenning vergleichsweise komfortabel ist.

Landratten.

Abb.1: Landratten.


Log 12.7.

"...ist in allen Vorhersagegebieten mit Starkwind oder Sturm zu rechnen...Nördliche Ostsee 6-7, im Tagesverlauf zunehmend 8, Schauerböen..."

Klarer Fall, noch einmal Hafentag. Ich kann's brauchen. Trotz Wolle, Wärmflasche und Omis Tinktur reißt "es" weiter zwischen den Schulterblättern. Genug den Tapferen gespielt, Medi eingenommen nach Anweisung des mitreisenden Arztes.
Ausführliches Frühstück: Die gestern aufgetauten Krabben müssen "weg". Nach zwei Marmeladebroten geht's runter. Jeder pult und verspeist ein halbes Pfund. Köstlich. Mit Weißbrot und Butter. Gute Grundlage für den Tag.
Wir unternehmen einen ausführlichen Nachmittagsspaziergang über die wie vor fast jedem Hafen und jeder Bucht obligatorisch vorgelagerte Insel. Am südlichen Kap erwartet uns dann eine echt dramatische Szenerie. Man fühlt und sieht 7 Windstärken übers Meer auf einen zurasen. Die bei ruhigem Wasser meist unsichtbaren Riffs sind plötzlich schaurig schön kontrastiert durch brechende Wellen und Gischt. Man sollt es nicht für möglich halten, aber es ist während der zwei Stunden, die wir uns am Ufer aufhalten, mindestens ein halbes Dutzend Yachten unterwegs: Die einen nur mit Vorsegel, die anderen mit gerefftem Groß, zwei tragen Vollzeug, andere motoren und schaukeln und schwanken dabei, dass einem vom Zusehen übel werden könnte. Ein ganz Besessener kreuzt gegenan, er scheint dabei auf der Stelle zu stampfen und macht erst halbwegs Fahrt, als er außerhalb der Bucht auf Halbwind abfallen kann.

Nichts für Landratten.

Abb. 2: Nichts für Landratten!


Am südlichsten Punkt der Insel thront hoch auf den Felsen ein altes Lotsenhaus. Drunten brandet die Ostsee in die Steine, wie ich das bis dahin nur von "richtigen" Meeren kannte. Das Lotsenhaus hat eine gemütliche grau-weiß-blau gestrichene Küche mit Holzfußboden und vor allem einem Fenster, das direkt auf die packende Szenerie hinaussieht. Ich sehe mich als Lotse dort tagein-tagaus mit einer dicken Teetasse sitzen, die Wut der Elemente beobachten und dabei irgendwie den Schiffsverkehr "lotsen". Ein echter "Magic place", wie mein alter Bergsteigerfreund Jürgen zu so was sagen würde.

Wenn ein Regenschauer kommt, bringt er die angekündigten Schauerböen mit. Der Wind bläst einen dann fast um, auf dem Wasser laufen in Windrichtung weiße Schaumstreifen und am Ufer danke ich dem Himmel für den klugen Entschluss, mit dem Schiff im Hafen geblieben zu sein. Wie hatte am Morgen der Finne auf dem Nachbarboot so schön gesagt: "You can survive it. But it´s not comfortable".
Mit Stockholm wird es bis Samstag jetzt eher knapp, noch 70 Seemeilen. Zudem sind auch für morgen noch stramme Winde angesagt.
Zur Stabilisierung der Moral der Mannschaft gibt es, wie seit jeher in der christlichen Seefahrt üblich, ein besonders feines Abendessen. Dazu den wird der 94er Barolo geköpft, den H.J. von meiner früheren lieben Mitarbeiterin, Frau Köstlinger aus Radolfzell, mitgebracht hat.

Log 13.7.

Nach 2 Tagen Starkwindpause hat der Wind sich halbwegs beruhigt und alles, was segelbar ist, hat sich in Bewegung gesetzt. Entsprechend zahlreich sind auch die Gelegenheiten zum Regattamäßigen Wettstreit: Während des ganzen Tages werden wir schließlich nur von einer 15 Meter langen Superyacht mit braunen Technosegeln überholt. Besonders spannend und zäh gestaltet sich das Einholen einer 9m Yacht unter amerikanischer Flagge. Der Amerikaner ist mindestens so ernsthaft bei der Sache wie wir. Auf Vorwindkurs bei 6 Bft. laufen wir lange gleichauf mit einem Folkeboot, welches zu meinem Neid noch wesentlich ruhiger auf Kurs liegt als wir mit unserem nervösen Krokodil. 8 Knoten werden erreicht, mehrfach macht unser Schiffchen Anstalten, einfach nicht mehr auf den Rudergänger zu hören, jeweils erkennbar an dem nun schon vertrauten weißen Schäumen im Heckwasser. Mir wird's für heute zuviel. Die Schmerzen zwischen den Schulterblättern strahlen jetzt auch wieder in den rechten Arm aus und beanspruchen mehr Aufmerksamkeit, als ich an einem solchen Tag eigentlich übrig habe. So kommt es auch, dass wir in unserem Puzzle von Seekarten irgendwann nicht mehr die Anschlusskarte finden und dann kommen gerade rechtzeitig Mastspitzen hinter einem hohen Schärenhügel in Sicht und die Bucht, in der wir für die Nacht Ruhe und Schutz finden.

Waldi ist Gold wert, wenn es um die Versorgung des Schiffes geht. Am Abend in der Ankerbucht (zum ersten Mal nur mit eigenem Festmachezeug, kein Steg, keine Boje) beweist er ausdauernden Einsatz, Kreativität, Geduld. Festmachen, so lernen wir, ist kein einfaches Geschäft. Schließlich dauert es 90 Minuten, bis alles zu unserer Zufriedenheit stimmt. Schlussendlich muss unser offenbar rutschender Anker mit dem Dingi des schwedischen Nachbarn ein zweites Mal und weiter draußen (3 Bootslängen bei 3 m Wassertiefe) ausgebracht werden und Ruhe kehrt erst mit der Achterspring vom luvseitigen Heck zum Land ein (Idee: Waldi).

Die Spinne im Netz.

Abb. 3: Die Spinne im Netz


Nachdem das Boot erst mal versorgt ist, nehme ich erst wahr, an was für einem schönen Ort wir gelandet sind.
Eigentlich war Fifång nur irgendeine Insel auf dem Weg nach Norden gewesen. Dann aber hatte ich in dem Moment, an dem wir nach stundenlanger Raumschotsfahrt an den starken Wind (6) gehen sollten (oh Graus! Jetzt geht DAS wieder los!), die besagten Mastspitzen hinter einem Hügel entdeckt. Die Insel ist für die Schären relativ groß, etwa 3-5 km im Durchmesser, bis etwa 80 m hoch, felsig und von uraltem nordischem Urwald bedeckt, der wiederum mit Moosen und Flechten um sein Überleben kämpft. Die Bedeutung der häuschenartigen Symbole in den Seekarten für derlei Ankerplätze ist mir jetzt auch klar: Es stehen hier Klohäuseln. Zwar von der Sorte "Plumps", aber es stinkt wundersamerweise nicht, und es gibt sogar einen Müllraum mit sophistizierter Mülltrennung.

Log 14.7.

Am nächsten Morgen prachtvolles Frühstück in unserer wunderschönen Bucht bei dem, was wir früher beim Kanufahren in Österreich "Kaiserwetter" genannt haben. Das Wasser in der Bucht wirkt nach einer Nacht mit 20 Booten, d.h. mit 19 Bordpumpklos und 20-mal Brauchwasser irgendwie trüber als am Vorabend, wo die Kinder vom Nachbarschiff noch baden waren.
Raus aus der Bucht, gleich gerefft wegen Achtung gebietender Böen schon im Landschutz, dann die bisher anspruchsvollste, sportlichste Kreuz dieser Reise: Etwa 4 Seemeilen geht es genau gegen einen 6 Bft. starken Wind aus SSO, dazu steht eine schöne 1,5 Meter Welle. Die Fock ist wie bekannt etwas zu groß für diese Bedingungen. Also steuere ich wieder extrem hoch am Wind mit flatternden Hosen, was tuchmässig zwar nicht so prall und gesund aussieht wie bei den ein oder zwei Schweden, die uns während des Tages am Wind noch begegnen, was dafür Höhe bringt in unserem nur etwa eine halbe Seemeile breiten Fahrwasser. Der Wendewinkel pendelt sich bei 65 Grad ein. Das Schiff hält sich erträglich aufrecht, Wasser auf der Deckskante gibt's nur selten (bei dem Freibord auch kein Wunder). Trotz Welle und Schrappens an der Windkante machen wir 4,5 bis 6 Knoten Fahrt, je nach messendem Bug. Ich verspüre Respekt, habe aber keine Angst mehr, die Kiste könnte nicht mitmachen.Was wieder nicht mitmacht ist die Feststellklemme für den backbordseitigen Holepunktversteller.
Immer wieder rauscht die dünne Schot durch die noch dünnere Klemme und aus ist es mit dem kraftvollen Amwindritt, bis wieder alles an Ort und Stelle sitzt.
Der Geschwindigkeitsrausch kommt dann, als wir auf Halbwind, dann Raumschots gehen: 9 Knoten werden angezeigt. Das Boot fühlt sich dabei wunderbar leicht auf dem Ruder an, fährt geradeaus, zeigt keine Ausbruchstendenzen. Der Speedmesser ist völlig fertig. Als "Speed max." sind am Abend 655 Knoten gespeichert. Das war heute einfach zu viel für unser Log.
Um etwa 19 Uhr beschließen wir bei Dallarö, nach links in eine einladende Bucht abzubiegen. Wir legen in einer namen- und gesichtslosen Marina (Marke Meichle und Mohr vom Bodensee) an. Hans -Jörg gibt ein Abschiedsessen im Hafenrestaurant aus, ziemlich schick, und zum ersten Mal auf der Reise genieße ich ein Essen oberhalb der Marke "Hausmannskost". Zwei Spendrup, ab ins Bett mit dem festen Entschluss, morgen ein einziges Mal auch wirklich auf den Wecker zu hören.

Klabautermann.

Klabautermann.

Klabautermann.

Abb. 4,5,6: Dr. Waldmann segelt fröhlich, begegnet dem Klabautermann, und verliert ihn wieder aus den Augen...


Log 15.7.

Der gute Vorsatz, doch einmal früh und mit dem Wecker aufzustehen ist im morgendlichen Regenguss ersoffen. Zu schön, sich noch mal einzurollen zum Prasseln der Tropfen auf dem Deck, zu ungemütlich die Aussicht, im Regen zu den Waschräumen zu rennen. Die Strecke nach Stockholm haben wir sauber unterschätzt, überschlagsmässig hatten wir "so 15 Seemeilen" veranschlagt, mit Kreuzen bei wechselhaften Winden werden es dann über 30.
Entsprechend knapp fällt dann auch unsere zeitliche Kalkulation aus. Um etwa 18 Uhr erreichen wir nach abschließender Motorfahrt durch den Zubringerkanal vom Schärenfahrwasser in die Stockholmer Wasserstrassen den Wasa-Hafen im Stadtzentrum von Stockholm: Knallvoll.

Rush-hour

Abb. 7: Rush-hour


Nach einem vergeblichen Anlandeversuch auf einem abgesperrten Privatsteg (Hans-Jörg ist mit seinem Gepäck schon auf dem Steg, muss aber am abgeschlossenen Stegtor kapitulieren) erfolgt ein fliegender Absprung meines Begleiters der letzten 9 Tage samt schwerem Gepäck in langsamer Vorbeifahrt an einem "öffentlichen" Anleger in der Hafeneinfahrt.
Noch eine knappe Stunde bis zum Abflug. Und der Flughafen liegt weit draußen! Wie jedes Mal, wenn ein Mannschaftsmitglied von Bord geht, erfasst mich Melancholie statt der fantasierten Freude auf und über ein paar Tage Privatheit allein mit mir und dem Schiff. Die Melancholie wird noch verstärkt dadurch, dass ich keine 5 Minuten nach Hans-Jörgs Abmusterung eine neue, besonders markante Macke im Bug habe. Im "Hinterhof" des Wasa-Hafens gab es freie Boxen, voll dem Schwell der Vorbeifahrer ausgesetzt, daher weniger beliebt. Beim Einparken bedeute ich einem Kerl auf dem Steg, er möge mir doch kurz ein wenig helfen, Boot abhalten und so. Macht er auch, unwillig und entsprechend lustlos (Motorbootfahrer!). Jedenfalls ist jetzt die Schramme drin, genau in Höhe der idiotischen Eisenarmierung am Steg. Gebrauchsspuren, versuche ich, mich zu trösten.
Um wieder Tritt zu fassen, fange ich mit Klar Schiff an, Schuhe putzen, Backskisten trocknen, es hilft. Dann Skipper waschen und rasieren. Sieht verwegen aus der Kerl im Spiegel. Um die Hüften ein bisschen schlaff und fett geworden, aber mit schön braunen und kräftigen Unterarmen, wie ich selbstverliebt bemerke. Im schwarzgrünen Hafenwasser des Grabens hinter dem Wasahafen schaukelnd, mit Blick auf eine Art Wohnheim (die glotzen mir grad in die Kajüte) mit Stacheldraht am Zaun, nehme ich vorsichtig Tuchfühlung auf mit der Großstadt, unterstützt von einem Rillo und einer Dose Bier in der kühlen Abendsonne.
Gegen acht fliegt ein Flugzeug über die Stadt. Hans-Jörg? Guten Flug, Seemann!

Ende Teil 13, die Fortsetzung, Teil 14




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